Retargeting: Onlinewerbung mit Kollateralschäden
Retargeting liegt voll im Trend und ist wohl bei vielen Shopbetreibern für 2012 fest eingeplant worden. Zumindest drängt sich dieser Gedanke auf, wenn man sich auf ein paar Onlineshops mit Einrichtungskram umgesehen hat. Denn danach wird man auf vielen Nachrichtenportalen oder Blogs mit Wohnideen, Sideboards, Dekorationsaccessoires, Gardinenstangen und Kronleuchtern beglückt; im besten Fall nur ein paar Tage, wenn es aber richtig übel wird, auch gerne ein paar Wochen lang.
Retargeting ist kein Geheimtipp mehr. Aber irgendwie ist der korrekte Einsatz dieses doch recht erfolgreichen Marketinginstrumentes eine Geheimwissenschaft. Auch hier gibt es die berühmte andere Seite der Medaille. Diese wird gerne vom Dienstleister unterschlagen oder auch wissentlich vom Kunden in Kauf genommen. Sicher, Konversionsrate ist Konversionsrate. Aber welchen Preis man für eine Retargeting-Kampagne letztendlich zahlen muss, wird die Zeit zeigen. Auf den ersten Blick sehen die Zahlen sicher großartig aus. Eine hundertprozentige Steigerung des Umsatzes wird gerne angenommen. Da kann man auch gerne ein paar Kollateralschäden in Kauf nehmen, die eine aggressive Retargeting-Kampagne mit sich bringen kann. Man darf nicht vergessen, das Retargeting den Werbedruck deutlich erhöht. Anders wären so deutliche Umsatzsteigerungen auch nicht zu erklären. Aber erhöhter Werbedruck wird beim mündigen Konsumenten nicht sehr wohlwollend wahrgenommen. Die würden das eher als Penetranz bezeichnen, weil sie über Wochen Tag für Tag die Produkte präsentiert bekommen, gegen die sie sich womöglich einst entschieden haben. Niemand kann wirklich genau sagen, warum Produkt nicht in den Warenkorb gelegt wurde oder der Checkout abgebrochen wurde. Einige waren unentschieden, ließen sich nur inspirieren, machten einen Preisvergleich oder wollten nur mal schauen, und alle bekommen in den nächsten Wochen dieselben Produkte vorgesetzt. Dauerhaft setzt man damit die Reputation des Onlineshops und auch die der Marke auf das Spiel. Wenn man bei dem Bild bleiben möchte, dass der Köder dem Fisch schmecken soll, dann ist aggressives Retargeting wie Dynamitfischen in einem Karpfenteich.
xplosion interactive hat zu diesem Thema Internetnutzer befragt und kam zu der Erkenntnis, dass Online-Werbung die sich häufig wiederholt und nicht passgenau ist, als sehr störend empfunden wird. So fühlen sich 31,3 % der Nutzer von häufig wiederholender Werbung gestört, 28,9 % langweilen sich und 19,8 % beachten die Werbung gar nicht. Es gibt noch ein paar Prozente, die das gut finden, weil sie so hin und wieder an das Produkt oder das Angebot erinnert werden. Diese Gruppe macht dann aber nur 4,7 % aus!
Der Erfolg von Retargeting ist nicht von der Hand zu weisen, die negativen Nebeneffekte sind es jedoch auch nicht. So hängt also viel vom Feintuning ab. Mit dem Verzicht auf des letzte Quäntchen Konversionrate kann man Retargeting-Kampagnen laufen lassen, ohne gleich eine enorme Menge an potentiellen Kunden zu stressen. Die Stellrädchen dafür dürften zum Beispiel die Anzahl der Wiederholungen der Werbemittel sein, der Zeitraum in dem diese Wiederholungen stattfinden und auch eine abwechslungsreiche Bannergestaltung. So können Retargeting-Kampagnen eine Art nette Nachfrage und Erinnerung sein, die wir aus der Offline-Welt kennen.