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  • Mai 27, 2010
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Creative Tourist: Das Manchester-Modell zur Generierung von Kulturtourismus

Kultur und Tourismus sind untrennbar miteinander verbunden. Einerseits. Andererseits stellt das Marketing für Kulturtourismus nicht nur Destinationen regelmäßig vor besonders große Herausforderungen. Kultureinrichtungen wollen ungern über einen Kamm geschoren werden, haben ein unterschiedliches Selbstverständnis, es fehlen Gelder, Positionierungen und die breite Besuchermasse. Vor ähnlichen Problemen stand auch Manchester, kurz bevor Creative Tourist“ ins Leben gerufen wurde. Susie Stubbs, Mitbegründerin und einer der wichtigsten Köpfe hinter dem Projekt, hat sich für uns Zeit genommen, die Erfolgsstory von „Creative Tourist“ aus marketingtechnischen Gesichtspunkten zu erzählen. Ein Fallbeispiel.

Gastautorin Susie Stubbs

„Creative Tourist ist ein Online-Kunstmagazin und eine Stadtführer-Reihe, die vom Manchester Museums Consortium herausgegeben wird, einem Zusammschluss von neun britischen Museen und Galerien, die ihren Sitz in der Stadt haben.

Zwischen 2009 und 2011 bilden diese Einrichtungen den Schauplatz für ein eindrucksvolles, vernetztes Programm internationaler Ausstellungen und Events – Ausstellungen wie „Angels of Anarchy“, einer Ausstellung weiblicher surrealistischer Künstlerinnen, Marina Abramovic stellt im Rahmen des Manchester International Festivals ebenfalls aus sowie auch Don McCullin im Imperial War Museum North. Das Projekt beinhaltet auch die Wiedereröffnung des People’s History Museum nach einem 12,5 Millionen Pfund (etwa 14,5 Millionen Euro) teurem Ausbau.

Um dieses Programm finanzieren zu können, reichte das Konsortium einen gemeinsamen Antrag bei der Northwest Regional Development Agency ein, einer öffentlichen Einrichtung zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung im Nordwesten Englands. Außerdem wurde es durch die Renaissance North West und von Visit Manchester gefördert, dem Tourismusbüro der Region.

Parallel dazu reichte das Konsortium einen Antrag zur Unterstützung der Kommunikation ein. Es nützt nichts, großartige Events zu veranstalten, begründete das Konsortium, wenn niemand von ihnen erfährt. Die Gelder wurden bewilligt, allerdings mit einer genau bezeichneten Absicht: Sie mussten zur Generierung des Kulturtourismus verwendet werden.

Das war keine leichte Aufgabe. Manchester war – bis vor kurzem – nicht gerade bekannt für seine internationale Kunst- und Kulturszene – trotz der hohen Anzahl und der Qualität der Museen und Galerien der Stadt sowie der dort jährlich stattfindenden Festivals und Events. Das enorm erfolgreiche Manchester International Festival konnte bereits einen Teil zur Änderung dieser Wahrnehmung beigetragen. Unsere Herausforderung bestand darin, die Welt zu überzeugen, dass Manchester auch außerhalb dieses im Zwei-Jahres-Turnus stattfindenden Festivals einen Besuch wert ist.

Wie wurde das erreicht? Indem eine Kommunikationsstrategie entwickelt wurde, die sich ausschließlich auf das Entscheidende konzentriert hat: Den Kulturtourismus zu fördern. Diese Strategie setzte drei Dinge voraus:

1) Dass wir aufhören, Kultureinrichtungen isoliert zu bewerben. Anstatt Manchester basierend auf der Stärke einer einzelnen Ausstellung zu verkaufen, wählten wir einen tourismusorientierten Ansatz. Wir kreierten City Guides, die aus den Ausstellungen und dem weiter gefassten Kulturangebot der Stadt ein gemeinsames Paket schnürten.

2) Dass wir erkennen, das unsere Maßnahmen noch nicht konsequent auf unsere Zielgruppe abgestimmt sind – einem anspruchsvollen Markt, der der traditionellen Vermarktung von Kunst argwöhnisch gegenübersteht. Diesem Markt durften wir nur das Beste bieten.

3) Dass wir uns von farblosem Marketingsprech verabschieden. Beschreibungen wie „Welt-“ oder „Spitzenklasse“ (bzw. „world class“ und „cutting edge“) werden im britischen Sprachraum häufig für das Destinations-Branding verwendet, doch ihr Gewicht haben diese Begriffe längst verloren, eben weil jede Stadt sich mit ihrer Hilfe beschreibt. Daher brauchten wir eine fesselnde, außergewöhnliche redaktionelle Stimme für Manchester, eine, die die Persönlichkeit dieser einzigartigen, wundervollen Stadt widerspiegeln konnte.

So entstand Creative Tourist: redaktionell unabhängig, betrieben als selbstständiges Magazin. Durch die Beauftragung führender Kritiker, Autoren und Journalisten, die ihre Vodcasts, Essays, Berichte und Rezensionen damit auf einer Seite veröffentlichten, die jede Woche einzigartige und hochwertige Inhalte lieferte, gewann die Marke schnell an Glaubwürdigkeit.

Um an die Hauptbesucherzeiträume der Stadt anzuknüpfen (Februar, Sommer und Oktober) bringt das Portal drei Mal jährlich einen neuen kulturellen Stadtführer heraus – und damit fertig geplante Tourismusrouten, die sowohl Ausstellungen und Kunst-Events berücksichtigen, als auch ausgewählte Bars, Cafés, Restaurants, Musik, Nightlife, Hotels und vieles mehr.

Damit es uns möglich ist, den Löwenanteil unseres Budgets in den Inhalt anstatt in die Technik zu investieren, entstand die Seite auf der Blog-Plattform WordPress. Außerdem stellten wir ein Team spezialisierter Freelancer zusammen, um das Projekt bekannt zu machen, von Experten für SEO- und Online-Werbung bis zu Social-Media-Spezialisten und engagierten Kunst-PR-Leuten. Wir konzentrieren uns auf Social Media und Online-Werbung (organisch und bezahlt), um den Traffic auf der Seite zu steigern und das Interesse aufrecht zu erhalten. Dabei sind wir immer immer auf der Suche nach neuen Ideen und neuen Formen des Social Webs, an denen wir uns beteiligen, wenn sie uns passend erscheinen. Durch diesen Ansatz können wir auf die Bedürfnisse des Marktes direkt reagieren – wir erhalten ein tägliches Feedback von unseren Usern, welches wir über Offline-Marketing-Kampagnen nie erzielen könnten.

Die Ergebnisse sprechen für sich. Durchschnittlich zählen wir 20.000 Unique Users pro Monat, mit langen Verweildauern und geringen Absprungraten. 84 % unserer Leser kommen von außerhalb des englischen Nordwestens – und gehören damit zu genau dem Publikum, dass wir zu erreichen hofften.

Creative Tourist war bereits Thema in „The Guardian“ und „The Telegraph“. Blogger lieben uns, berichten regelmäßig, dass wir ihre Meinung zu Manchester verändert haben – und regen ihre eigenen Leser an, Manchester zu besuchen. Vor kurzem wurden wir für drei Digital-Preise nominiert. Wir waren mit dem Projekt auf der Landingpage der Lonely Planet Webseite. Wir haben mehr als 2.000 Follower auf Twitter, von denen viele sehr einflussreich sind. Lastminute.com hat uns unter ihren Top 50 Blogs gelistet.

Aber das Wichtigste: Unsere Umfragen zeigen, dass 40 % der Befragten angeben, dass die Seite ihre Bild von Manchester verändert hat. 11 % erklären sogar, aufgrund dessen eine Reise dorthin zu planen.

Creative Tourist ist beileibe nicht die beste Webseite oder Marketing-Kampagne, die jemals auf die Beine gestellt wurde. Sie ist ähnlich fordernd wie ein neugeborenes Kind – wegen der ständigen Fütterung, die ein Social Medium verlangt. Aber es funktioniert, und darauf sind wir in Manchester sehr stolz.

(Übersetzung: Daniela Kämmerer)

Originaltext:

Creative Tourist: The Manchester model for generating cultural tourism

Creative Tourist is an online arts magazine and series of city guides that has been put together by Manchester Museums Consortium, a group of nine UK museums and galleries based in the city.

Between 2009 and 2011, these venues have staged an impressive, interlinked programme of international exhibitions and events – exhibitions such as the female Surrealist show Angels of Anarchy, Marina Abramovic as part of Manchester International Festival, and Don McCullin at Imperial War Museum North. The programme also includes the re-opening, after a £12.5m development, of the People’s History Museum.

To fund this programme, the Consortium put in a joint bid to the Northwest Regional Development Agency, a public body charged with generating economic regeneration in the North West of England. It also received support Renaissance North West and Visit Manchester, the tourist board for the city region.

At the same time, the Consortium made a parallel bid for funding for better communications. No point putting on great events, reasoned the Consortium, if no one knew about them. The funding came through, with a specific aim: it had to be used to generate cultural tourism.

This was no easy task. Manchester was not, until recently, known for its international art and culture – this despite the number and quality of museums, galleries, festivals and events that take place every year. The hugely successful Manchester International Festival went some way in shifting that perception. Our challenge was to convince the world that Manchester was worth a visit outside this biennial festival.

How did it do it? By developing a communications strategy that focused solely on its bottom line: to drive cultural tourism. The strategy indicated we needed to do three things:

1) To stop marketing the arts in isolation. Rather than selling Manchester on the strength of a single exhibition, we took a tourism approach, creating city guides that packaged up exhibitions alongside the wider cultural offer in the city.

2) To recognise that not everything we do appeals to our target market – a discerning market suspicious of traditional arts marketing. We needed to present this market with only the very best.

3) To ditch bland marketing terms. Descriptions such as ‘world class’ or ‘cutting edge’ are, in the UK, often used in destination branding but, because every city describes itself thus, the terms have become meaningless. We thus needed a compelling editorial voice for Manchester, one that encompassed the personality of this unique and wonderful city.

Thus Creative Tourist was born: editorially independent, operating as a standalone magazine. The brand gained quick credibility by commissioning leading critics, writers and journalists whose vodcasts, essays, features and reviews were published on a site that produces unique and high quality content every week.

To tie in with Manchester’s peak tourism seasons (February, summer and October), the site produces new cultural city guides three times a year, targeted tourism itineraries that wrap up exhibitions and art events alongside handpicked bars, cafes, restaurants, music, nightlife, hotels and much more.

To allow us to spend the lion’s share of our budget on content rather than technology, we built the site on the blogging platform WordPress. We also put in place a team of specialist freelancers to deliver the project, from SEO and online promotions specialists to a social media expert and dedicated arts PR. We focus on social media and online promotion (organic as well as paid-for) to drive traffic and maintain interest, constantly trying new ideas and checking emerging forms of social media and signing up to them where appropriate. This approach means we can respond to the needs of the market, gaining daily feedback from our users in a way that offline marketing campaigns can never achieve.

The results speak for themselves. We average 20,000 unique users per month, with high dwell times and low bounce rates. 84% of our readers are from outside the Northwest – exactly the audience we hoped to reach.

Creative Tourist has been covered in The Guardian and The Telegraph. Bloggers love us and frequently write about how we have changed their minds about Manchester – exhorting their readers to visit. We have just been shortlisted for three digital awards. We were on the front page of the Lonely Planet website. We have over 2,000 followers on Twitter, many of whom are extremely influential. Lastminute.com listed us as among the top 50 blogs they rate.

Importantly, our surveys show that 40% say the site has changed their perception of Manchester. 11% say they plan to visit as a direct result.

Creative Tourist is by no means the best website or marketing campaign ever put together. It is as demanding as a newborn child thanks to the constant feeding that social media requires. But it works, and it’s something that we in Manchester are very proud of.

Author: Gastautor

2 Comments

  1. Dirk Ebbecke sagt:

    Habe den Bericht mit großem Interesse gelesen. Spannend. Gut gemacht. Für mich war Manchester bisher nur Manchaster United und Manchaster city (das sind die die dem HSV immer die Leute wegkaufen…). Also neben Scheichs mit viel Geld gibt dort auch Kultur, bekannt gemacht auch mit wenig Geld (und Kretivität).

  2. Klasse, spannend und interessant. Aber auch hier zeigt sich, dass alles was mit Social Media zu tun hat zur Zeit funktinoiert. Die Frage ist nur, gilt das für alle Bereiche im Tourismus? Die Zukunft wird es zeigen.

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