Twitter Facebook YouTube RSS
  • Blog
  • Jul 12, 2011
  • No Responses
  • Schlagwörter: , , , , , ,
  • Print This Post

Brand Advocates & Airlines – Ein Praxisbeispiel

Stellen Sie sich vor: Sie hängen am Tropf einer unsicheren Wirtschaft, Ihre Betriebskosten sind immens hoch, die Konkurrenz ist groß und Ihre Kunden sind nicht nur anspruchsvoll, sondern auch äußerst preissensibel, und sie tauschen sich auch noch mit Vorliebe über Ihre Perfomance aus und sind somit Richter über Ihren Erfolg am Markt. Sie lachen, das ist Alltag für Sie? Nun, stellen Sie erstmal vor, Sie seien eine Fluggesellschaft! (Es sei denn, Sie sind tatsächlich eine.) Airlines erleben diese Hochs und Tiefs im Extremum. Daher sind gerade sie ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, wie sie ihren Kunden ein Maximum an „Brand Experience“ zu einem Minimum an Kosten bieten können.

Und das macht sie zu den perfekten Darstellern in unserem kleinen Praxisbeispiel zur Bedeutung von Brand Advocates.

Zur Wiederholung vorweg: Ein Brand Advocate ist ein aufgeschlossener, gut vernetzter Meinungsführer, der in seinem großen Bekanntenkreis ein hohes Ansehen genießt und bereit ist, diese Eigenschaften für eine Marke, von der er überzeugt ist, einzusetzen. Mehr dazu gab und gibt es hier.

Die amerikanische, auf das Thema „Brand Advocacy“ spezialisierte Werbeagentur 22squared und der Marktforscher Consumer Insights haben 2008 die Beziehung zwischen Fluggast und Airline auf dem amerikanischen Markt detailliert untersucht. Befragt wurden Fluggäste der gängigen amerikanischen Airlines, die innerhalb des vorausgehenden Jahres mit den Fluglinien geflogen sind. Das Ergebnis: Die konsequente Färbung der Dienstleistung im Sinne des individuellen Markenkerns und der Wünsche der Kunden ist der entscheidende Faktor zur Gewinnung von Markenfürsprechern und damit für den Erfolg am Markt (sprich: Sich selber treu und dicht am Kunden bleiben, dann klingeln die Kassen).

Flugpreise zu vergleichen ist in Zeiten des Internets ein Leichtes für Konsumenten – entsprechend hart ist der Preiskampf zwischen den Airlines, entsprechend groß die Preisschwankungen. Inzwischen sind die Konsumenten auch bereit, auf gewisse Annehmlichkeiten zugunsten eines niedrigeren Tarifs zu verzichten. Sie sind jedoch nicht bereit, auf etwas zu verzichten, wenn sie nichts davon haben. Im stressigen Alltag der Konsumenten fallen jene Airlines auf, die eine positive Kundenerfahrung bieten, die die Erwartungen der Konsumenten erfüllen oder sogar übertreffen können.Oft bestehen diese positiven Aspekte „nur“ aus kleinen Dingen: durch ein Minimum an Verspätungen, eine rasche Gepäckbeförderung und freundliches Personal. Diese Airlines sind es, die mit einer wachsenden Anzahl an Fans bzw. Brand Advocates belohnt werden. Und die kann man gut gebrauchen – denn Beschwerden über Flugprobleme, Gepäck- oder Kundenservice werden immer häufiger. Außerdem, das ist bewiesen, gibt es eine Korrelation zwischen dem Anteil der Brand Advocates und der Steigerung des Gewinns.

Die großen Player innerhalb der Studie, Delta und American Airlines, hatten, zumindest zum Zeitpunkt der Studie, nur halb so viele Brand Advocates wie so manche kleinere Airline. Warum? Während die kleinen Anbieter eher darauf angewiesen sind, besondere, buchstäblich empfehlenswerte Markenerlebnisse zu schaffen und die Erwartungen ihrer Kunden damit zu übertreffen, wurden Flüge mit Delta und American eher als „ereignislos“ beschrieben. Schlimmer noch: Diese Airlines werden oft deshalb gebucht, weil sie viele Strecken bieten und den Passagieren dadurch keine Alternative bleibt. Die Beziehung zwischen Airline und Passagier ist, trotz zahlreicher Treue-Programme für Vielflieger, eher leidenschaftslos auf beiden Seiten.

Quelle: http://www.slideshare.net/22squared/airlines-7448600

Die mannigfaltigen Möglichkeiten der Kundenbeziehung

Der kleinere Anbieter Jetblue macht das Gegenteil vor: Die Passagiere sehen die Airline als „Soul Mate“ (Seelenverwandter), und bewerten damit ihre Verbindung mit der Airline als besonders eng (siehe Grafik): Der Anteil der echten Brand Advocates ist außerewöhnlich hoch. Nachdem Jetlue 2007 ein Beschwerde-Hoch verzeichnen musste, zog die Airline sogleich Konsequenzen und veröffentlichte bereits am nächsten Tag eine „JetBlue Airways Customer Bill of Rights“, die den Passagieren Klarheit darüber bieten soll, wie die Airline mit Verspätungen, Flugstreichungen und anderen potentiellen Schwierigkeiten umgeht. Diese Transparenz und Klarheit kam bei den Passagieren gut an, ebenso wie die übrigen Ziele, die sich JetBlue gesetzt hat: „Unsere Kunden fliegen gerne mit uns, weil sie mehr für ihren Dollar bekommen – von 36 kostenlos verfügbaren TV-Kanälen, unbegrenzt viele Snacks bis hin zu mehr Beinfreiheit als in allen anderen US-Flugzeugen,“ so David Neeleman, der Gründer der Airline. So konnte JetBlue so außergewöhnlich positive Flugerlebnisse kreieren, dass die Passagiere gerne und beinahe automatisch über sie berichten.

Die Airline hat bei ihren Neuerungen stets die Wünsche ihrer Passagiere im Blick und ist darauf aus, ihnen auch immer dieses „etwas mehr“ zu bieten. Das bringt die Fluggesellschaft auf den ersten Platz in Sachen Brand Advocacy und – nicht zufällig – auch zum wirtschaftlichen Erfolg: Zwischen 2005 und Ende 2007 konnte die Airline ihre Gewinne um 27,9 % steigern! Das spricht dafür, dass mehr Nutzen für den Kunden nicht unbedingt weniger Umsatz für den Anbieter bedeuten muss.

Was machen die anderen? Virgin Atlantic setzt sich den Anspruch „the coolest living room in the sky“ zu sein – und ist damit auf dem Vormarsch. Und der traditionellere Anbieter Southwest steht für Kontinuität. Seit jeher vermarkten sich die Fluggesellschaft authentisch als „the people’s airline“. Nicht zu viel Tam-Tam, faire Preise, ausgezeichneter Service. Um sich gegen die „jungen, wilden“ Konkurrenten durchsetzen zu können, die bewusst auf Mehrwert und den „Thrill“ setzen, empfehlen die Experten in der Studie auch dieser bewährten Airline, mehr außergewöhnliche Flugerfahrungen zu schaffen, von denen die Leute erzählen können – aber eben auf ihre Weise.

Was lernen wir daraus? Gut ist nicht gut genug. Jeder Kontakt mit dem Kunden kann die Beziehung zu ihm vertiefen oder ruinieren. Was für die Airlines gilt, lässt sich auch auf alle anderen Touristiker übertragen. Für den Erfolg sind laut der Studie die Beachtung dreier Regeln wichtig:

1. Fragen Sie sich: Was macht den Kern Ihres Produkts bzw. Ihrer Dienstleistung aus? Sehen Sie zu, dass Sie diesen Grundservice besser anbieten als Ihre Konkurrenz und vor allem auf eine einzigartige, markenindividuelle und wiedererkennbare Art. Das muss nicht immer total verrückt sein – nur eben typisch für Ihre Marke.

2. Sparen Sie nicht an Ihren Kunden. Das heißt nicht, dass Sie nicht sparen dürfen. Aber überlegen Sie, welche Komponente Ihres Produktes wie wertvoll für Ihre Kunden ist – oft fallen wirtschaftlicher und emotionaler Wert auseinander. In der Flugbranche bietet z. B. die Technologie inzwischen viele Möglichkeiten, einfach und kostengünstig einen Zusatznutzen zu schaffen, der Ihren Kunden vielleicht mehr Wert ist als ein kostenloses Kopfkissen für die Reise.

3. Bieten Sie „Wow!“ und sorgen Sie dafür, dass man über Sie spricht. Die Reiseerfahrung mit Ihnen sollte alles andere als „ereignislos“ sein – im positiven Sinne natürlich! Dafür ist es nötig, dass Sie Ihr Produkt ganzheitlich und aus den Augen Ihrer Kunden betrachten – vor der Reise, während der Reise und nach der Reise.

Wenn Sie mit Leidenschaft und Kreativität an die Sache herangehen und Ihrer Marke ein klares Gesicht geben können, dann heben Sie sich ab vom Markt. Wenn Ihre Kunden das spüren, dann sind Sie empfehlenswert. Und haben bald mehr als nur eine Menge neuer Freunde.

Author: Daniela Kämmerer

Marketing-Konzeption, Strategie, Beratung, Kooperationen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert