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  • Mrz 29, 2010
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„Komm schon, du willst es doch auch!“

Treue, loyale Kunden sind eine feine Sache. Was viele Unternehmen jedoch nicht zu verstehen scheinen, ist dass Kundentreue freiwillig entsteht, durch eine Verkettung positiver Erlebnisse mit dem Produkt/der Marke/dem Unternehmen und nicht durch künstlich am Leben erhaltene Verträge und mit Gewalt durchgesetzte Kunden-Bindung. „Wer treue Kunden will, muss Kundentreue belohnen. Menschen verstärken Verhalten, für das sie Aufmerksamkeit, Anerkennung und Belohnungen erhalten“, so auch Anne M. Schüller, in ihrem Buch „Kunden auf der Flucht?“. Da unterscheiden wir uns im Grunde kaum von unseren Freunden aus dem Tierreich. Oftmals wird in der Praxis allerdings das Falsche belohnt: So werden Kündiger und Wechsler heranerzogen.

Ein konkretes Beispiel, ausnahmsweise nicht aus der Touristik: Meine Krankenkasse. Seit ich denken kann, bin ich dort Kunde, höre sehr selten bis gefühlt nie vom Kassen-Service-Team, das hat mich eigentlich aber auch nie gestört. Ich war zufrieden. Keine negativen, aber auch keine besonders positiven Gefühle verbanden uns. So war meine alte Krankenkasse aber auch schnell vergessen, als eine Freundin mir von ihrer Kasse erzählte, bei der es für jede noch so selbstverständliche Vorsorgeuntersuchung Bonus-Zahlungen gibt! Wow, das ist ja so viel cooler! Ich hatte geistig die Kündigung an meine Krankenkasse bereits verfasst, allerdings war da ja noch die Bindungsfrist.

Als meine Krankenkasse hörte, dass ich gehen will,  setzte sie ihre gesamte Customer-Retention-Maschinerie in Gange und versorgte mich mit einem Feuerwerk an Bonus-, Zusatz, Extra- und Sonderprämien/-programmen/-informationen. „Sie können nicht nachweisen, dass Sie regelmäßig Sport treiben? Macht nichts. Wir überweisen Ihnen trotzdem 100 Euro für Ihre gesunde Lebensweise.“ Toll, allein durch diese aus dem Nichts aufgetauchten Extraleistungen könnte ich alle Bonus-Zahlungen, die ich bei der neuen Kasse im Laufe eines Jahres bekommen hätte, auf einen Schlag einziehen!

Was bleibt davon bei mir hängen? Dass ich und meine Kasse doch untrennbar zusammengehören? Wohl nicht. Zu offensichtlich ist, dass ich von all diesen Möglichkeiten nie erfahren hätte, hätte ich nicht mit Abzug gedroht. Wer kündigt gewinnt, Untreue wird belohnt. Schön blöd, wer stillschweigend immer wieder seinen Vertrag verlängert. Was man alles verpasst! Und was erzähle ich meinen Freunden, Bekannten und Nachbarn jetzt weiter (oder verbreite ich im Internet)? Genau das. Kann das im Sinne von meiner Krankenkasse oder irgend einem anderen Unternehmen sein? Nein. Im Gegenteil – das Misstrauen zwischen Anbieter und Empfänger wird weiter geschürt. Selbst wenn ich jetzt meinen Vertrag verlängere, fühle ich mich meiner alten Krankenkasse näher? Mag ich sie dadurch mehr, rede ich besser über sie? Mit Sicherheit nicht, im Gegenteil – ich werde die nächste Gelegenheit nutzen, um mir wieder meinen Teil des Kuchens einzufordern, und das vermutlich wieder über eine Kündigung, weil das funktioniert. Liebe ist nicht käuflich.

Wo ist also der Fehler? Das Unternehmen will, dass ich bleibe. Ich würde eigentlich lieber bleiben, denn – Sie kennen das selbst – der Mensch ist bequem. Im Grunde wollen wir dasselbe. Warum wird der Kunde dann nicht in seiner Bereitschaft zu bleiben unterstützt? Warum versüßt es mir das Bleiben dann nicht mit Goodies, sondern die Androhung der Kündigung?

Dieses Verhalten von Unternehmensseite ist aber natürlich kein Einzelfall. Im Gegenteil, wenn wir alle mal an unser Leben als Konsument denken, fallen uns sicher einige solche Beispiele ein. Haben Sie beispielsweise Ihren Handyvertrag das letzte Mal wirklich völlig freiwillig verlängert? Oder das Zeitungsabo? Den Kabelanbieter? Unternehmen scheinen noch immer lieber Brände zu löschen, als ihren Kunden die Streichhölzer auszureden.

Was heißt das für die Touristik? Na klar: Bestandskunden, Wiederholer und Stammgäste wollen immer wieder in ihrer Entscheidung bestätigt werden, und dass lange bevor sie daran denken, sich nach anderen Anbietern umzuschauen. Aus Kundensicht muss es immer bequemer, toller und vorteilhafter sein, bei Ihnen zu bleiben/bzw. zurück zu Ihnen zu kommen anstatt ständig zu wechseln. Also belohnen Sie Ihre Stammgäste, nicht ihre Abwanderer. Nicht die „Neuen“ sondern die „guten Alten“ sind die dankbareren Empfänger für die besten Angebote, Services und die tollen Events. Und wenn sie ihnen Gutes tun, dann „sagen Sie ihnen unbedingt, dass sie all dies nur tun, weil sie zum Kreise Ihrer Stammkunden zählen“ (Anne M. Schüller, ebda).

Die Krankenkasse wechsle ich jetzt übrigens trotzdem. Um diese falsche Herangehensweise nicht auch noch durch mein Bleiben zu belohnen, und um meinen Teil dazu beizutragen, dass auch meine alte Kasse eines Tages umdenkt.

Author: Daniela Kämmerer

Marketing-Konzeption, Strategie, Beratung, Kooperationen

4 Comments

  1. Wer das Thema Kundenloyalität gerne noch weiter vertiefen möchte: Das Buch von Anne M. Schüller („Kunden auf der Flucht? Wie loyale Kunden gewinnen und halten“, erschienen bei orell füssli) kann mal gut mal zur Hand nehmen.

  2. Hansson sagt:

    Jupp, das versteh‘ ich auch nicht die Bohne. Seit Urzeiten ist bekannt, dass Kunden gewinnen > Kunden Binden > Kunden zu Multiplikatoren machen-Prinzip nach der 20/80-Regel der goldene Weg ist. Touristiker kriegen das gegen ihr – offensichtlich stärkere – „Ich will neue Kunden!“-Prinzip häufig strukturell von der Managementebene vorgegeben und begreifen es nicht. „Wir haben jetzt ein CRM (customer relation management)“ reicht ihnen, ohne dass sie verstehen, was das für ihre Kunden, ihre Umsätze, den Erfolg ihres Ladens und ihren Arbeitsplatz (!) bedeutet. Offensichtlich fehlt es da an Bewusstsein. Da müsst ihr „Reisewisser“ doch mal ein bisschen Coaching anbieten ;-)

  3. Anne M. Schüller sagt:

    Schönen Dank fürs erwähnen meines Buchs und den tollen Beitrag. Habs gleich bei mir auf http://facebook.loyalitaetsmarketing.com eingestellt.

    Anne Schüller

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